Jan Knutzen von der SG akquinet Lemwerder geht beim Laufen über die Schmerzgrenze hinausläuft
Lemwerder. Niemand, der Jan Knutzen von der SG akquinet Lemwerder erst seit ein paar Jahren kennt, glaubt, dass dieser mit seiner Körpergröße von 177 Zentimetern mal rund 100 Kilogramm gewogen hat. Um von diesem Gewicht herunterzukommen, beschloss der Flugzeugbauer, mit dem Laufen zu beginnen. Mittlerweile zählt Knutzen zu den besten Langstreckenläufern der Bundesrepublik.
Beim Frankfurt Marathon stellte der 27-Jährige in 2:30:56 Stunden eine fabelhafte neue Bestzeit auf. Damit liegt er nur noch 22 Minuten vom deutschen Rekord entfernt, den Arne Gabius im Jahre 2015 aufgestellt hat. Am Anfang seiner Läufer-Laufbahn war ein solches Ergebnis nicht einmal ansatzweise abzusehen. Bei seinen ersten Laufversuchen kam Knutzen nicht weit. „Als ich alleine bei mir in der Siedlung mit Hallenschuhen angefangen habe, fand ich es einfach nur anstrengend“, betont der Feinmechaniker. Solche Anstrengungen war er als Fußballer der SG Neustadt-Oldenbrock in der 4. Kreisklasse nicht gewohnt.
„Ich war Verteidiger und musste meine Gegenspieler gleich zu fassen kriegen. Denn wenn sie erst einmal an mir vorbei waren, wurde es für mich sehr schwer, ihnen zu folgen“, erinnert sich Knutzen zurück. Während die neue Karriere noch stockte, sprach ihn mit Ronny Bartels ein ehemaliger Mitschüler aus der Realschule in Brake an. Mit ihm traf sich der gebürtige Ovelgönner zum gemeinsamen Laufen und trat später auch dem Lauftreff des SV Brake bei. Weil er nebenbei auch noch viel Fahrrad fuhr und emsig am heimischen Rudertrainer ackerte, fielen die überflüssigen Pfunde nur so von seinem Körper ab.
Beim OLB-Zehn-Kilometer-Lauf in Brake belegte Jan Knutzen im Jahre 2012 in einer Zeit von etwas mehr als 43 Minuten bereits einen tollen siebten Platz. „Das war schon ein gefühlter erster Sieg für mich“, betont der Maschinenbauer. Von da an ging es immer mehr bergauf für ihn. Bei seinem ersten Marathon in Hamburg im Jahre 2013 erzielte Knutzen mit 3:17:59 Stunden bereits eine respektable Zeit.
Über das Internet verschaffte er sich Anleitungen für das richtige Training. Bei der folgenden Auflage des Hamburg Marathon im Jahre 2014 unterbot Jan Knutzen bereits in 2:50 Stunden erstmals die magische Drei-Stunden-Grenze. Knutzen orientierte sich während dieser Zeit stets an den Konkurrenten von der SG akquinet Lemwerder, Christian Eichinger und Waldemar Trudrung. „Bis 2014 waren sie immer schneller als ich. Doch dann kam die Wende“, berichtet der 27-Jährige.
Jan Knutzen sprach auch mit Lemwerders Coach Karl Spieler, der sich noch auf der Suche nach einem schnellen dritten Mann für eine Mannschaft befand. „Ich bin dann auch mit Karl ins Trainingslager nach Aschaffenburg gefahren. Da habe ich gemerkt, dass es passt“, so der Athlet. Also schloss er sich vor zwei Jahren der SG akquinet Lemwerder an und erzielte in München auch in 2:42 Stunden eine neue Bestmarke. Nun sollte es auch unter 2:40 Stunden gehen. In Hannover und Frankfurt verpasste er dieses Ziel im Jahre 2015 aber jeweils knapp.
Knutzen blieb aber hartnäckig und belohnte sich ein Jahr später auch mit einer Zeit von 2:38:59 Stunden in Hamburg. In Oldenburg stellte er zudem in 1:28:59 Stunden einen neuen Kreisrekord über die 25 Kilometer auf. In Oldenburg lernte Knutzen auch Michael Majeweski vom BV Garrel kennen, der stets ein bisschen schneller war als er selbst.
Da Waldemar Trudrung sich vom Sport zurückzog und Christian Eichinger kürzer trat, kam Majewski als neuer Trainingspartner wie gerufen. „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden“, versichert der in Varrel wohnhafte Sportler. Im Mai 2016 absolvierte er ein Trainingslager mit Michael Majewski und Ronny Bartels auf Fuerteventura. Diese fuhren dabei auch schon mal sechs Stunden mit dem Fahrrad und schwammen am Ende auch noch eine Stunde. „Dadurch wurden wir mental noch abgestumpfter. Das ist wichtig, weil bei jedem Marathon irgendwann der Schmerz kommt. Wenn man so etwas nicht trainiert, hilft es einem nicht weiter“ (Knutzen). Er könne sich auch gut vorstellen, eines Tages zu den Triathleten zu wechseln. „Ich bin auch schon mit Michael 160 Kilometer mit dem Fahrrad von Varrel bis Emden gefahren“, informiert Knutzen.
Das große Ziel im Jahre 2016 war der Frankfurt Marathon Ende Oktober. Auf dem Weg dorthin verbesserte der ehemalige Kicker in Wardenburg in 1:12:57 Stunden seine Bestzeit im Halbmarathon und steigerte zudem seine alte Bestzeit über die zehn Kilometer in Hamburg um 46 Sekunden auf 33:04 Stunden.
„Da habe ich gemerkt, dass sich im Hinblick auf Frankfurt etwas tut“, sagt Knutzen. Beim Great 10 In Berlin war der Plan schließlich, die 33-Minuten-Grenze zu knacken. Dies glückte ihm auch in hervorragenden 32:28 Minuten. Michael Majewski überquerte die Ziellinie auch nur um drei Sekunden vor ihm. „Meine Form war da. Ich hatte eine super Balance gefunden und konnte mich ganz anders quälen“, verrät der Aktive. Er könne seither auch mal 30 Kilometer ganz für sich alleine bewältigen. Beim Oldenburg Marathon brach Knutzen an der Seite von Michael Majewski, Jens Nerkamp (beide Garrel) und Oliver Sebrandtke (Stuhr) als Team Kaminski in 2:19:04 den Staffel-Rekord.
Die 2:30:56 Stunden im Frankfurt Marathon bildeten dann den vorläufigen Höhepunkt für Lemwerders Läufer. Er belegte damit Rang 27 bei den deutschen Meisterschaften und freute sich so ganz nebenbei auch noch über einen neuen Kreisrekord. Michael Majewski begleitete seinen Trainingspartner dabei mit dem Fahrrad. Dabei sagte er ihm Zwischenzeiten durch und reichte ihm Getränke und Powergels mit Zucker. Um solche Zeiten zu rennen, muss Jan Knutzen in der Woche mindestens 100 Trainingskilometer absolvieren.
Um sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, müsste Jan Knutzen eine Zeit von 2:14 Stunden schaffen. Dafür müsste er aber sein Trainingsaufkommen schon verdoppeln. „Das schaffe ich aber nicht mit meinem Vollzeit-Job im Drei-Schicht-System“, gibt Jan Knutzen zu bedenken. Um ganz in die deutsche Spitze vorzurücken, müsste Knutzen folglich seine Stunden bei Airbus reduzieren.
Sein nächstes Ziel ist es aber erst einmal, bei den besten Frauen mitzulaufen. Dafür müsste Knutzen nur noch ein paar Minuten schneller werden. Wenn ihm dies gelingt, wird der Triathlet in spe auch häufiger im Fernsehen zu beobachten sein: „Die Kameras sind häufiger auch auf die erstplatzierten Frauen gerichtet. Deshalb können mich meine Freunde und Bekannten wohl demnächst auch im Fernsehen besser verfolgen.“ Zeit für eine Freundin hat er kaum. Im August endete seine Beziehung mit einer Polizeikommissarin. Auf die Frage, ob diese ihm weggelaufen sei, antwortete Knutzen sehr schlagfertig: „Ich hätte ihr ja problemlos hinterherlaufen können.“